30 Jahre
Social Media Manager @ ODEON
Camden
26.07.2024, 18:22 - Wörter:
We are invincible when we come together.
Outfit || Adam konnte schon gar nicht mehr genau sagen, die wievielte Filmpremiere das heute war. Er hatte irgendwann einfach aufgehört zu zählen. Das bedeutete aber nicht, dass es sich daran gewöhnt hatte und es deshalb weniger spannend für ihn war. Nein, er mochte diese Tage, an denen das Odeon wieder einmal den roten – oder andersfarbigen – Teppich ausrollte und Stargäste aus aller Welt begrüßte, um ihren neuen Film zu feiern. Es war immer noch absolut surreal, dass er bei diesen Events immer mittendrin war. Und das nur, weil er den Social Media Account des Odeons führte. Das musste man sich mal durch den Kopf gehen lassen. Adam mochte an seinem Job vor allem, dass auf ihm nicht so viel Druck lastete wie auf den Schauspielern, die mit ihrem ersten Schritt aus dem Wagen, der sie hierher brachte, quasi absolut unter Beobachtung standen. Jeder kleinste Fauxpas wurde auf Kamera festgehalten und noch Wochen später wurde darüber gesprochen. Mit ihnen wollte er gewiss nicht tauschen. Da gefiel ihm sein Platz am Rand, und irgendwie aber doch mittendrin, viel besser.
Die heutige Premiere verlief reibungslos. Adam hatte zwar niemanden direkt vor seine Kamera bekommen, um ein paar Worte zu wechseln, aber immerhin haben beim Vorbeilaufen die meisten ganz lieb gewunken, und das genügte in seinen Augen auch schon, um wieder gute Klickzahlen zu erzielen. Denn ja, einerseits ging es natürlich darum, das hier alles festzuhalten, andererseits musste dieser Content aber eben auch performen, sonst kam man womöglich noch zu der Ansicht, sein Job wäre überflüssig. Vom tollen Sektempfang bekam Adam also gar nicht so viel mit, denn sobald alle im Inneren des alten Kinos waren, hatte er sich schon in ein ruhiges Eckchen verzogen, um seinen Content zu schneiden, damit er alles heute noch online stellen konnte. Das Internet war immerhin schnelllebig, und wenn er nicht heute noch einen Zusammenschnitt der Premiere postete, redete morgen schon kein Mensch mehr darüber, wie toll eigentlich alle aussahen und wie viel Mühe sich die Setbauer mit dem ganzen Aufbau gegeben hatten. So lief es meistens, während alle Premierengäste und Verantwortlichen in den Kinosaal gingen, um den Film zu sehen und anschließend zu feiern, saß Adam hier allein und arbeitete. Er beklagte sich darüber nicht, keineswegs. Den Film könnte er als Mitarbeiter schließlich jederzeit sehen, und irgendwie fand er es sogar ganz therapeutisch, das gerade erlebte so nochmal Revue passieren lassen zu können. Außerdem war es während der Filmvorführung so ruhig, manchmal genoss er auch einfach einen Moment lang diese Stille.
Aus dem Augenwinkel nahm Adam eine Bewegung war und blickte von seinem Laptop auf. Er sah, wie Niall Chapman sich aus dem Kinosaal stahl. So unauffällig wie er vielleicht glaubte, war er in seinem roten Anzug definitiv nicht. Aber dafür stand er ihr hervorragend. Was ihn ehrlich gesagt auch nicht verwunderte, denn Niall sah immer gut aus. Egal, was er anhatte oder eben auch nicht. Dadurch, dass er ihn in einem Film schon mal oben ohne gesehen hatte, konnte er das definitiv beurteilen. Neugierig blickte Adam dem Schauspieler also hinterher, der sich verdächtig in Richtung Hinterausgang bewegte. Die Entscheidung, ihm zu folgen, fiel augenblicklich. Er klappte den Laptop zu, verstaute ihn im Personalraum, an dem er auf dem Weg sowieso vorbeikam und folgte Niall nach draußen. „Hi“, begrüßte er den anderen und grinste leicht, als er die Zigarette in seiner Hand sah. Er war nicht der erste Schauspieler, der während der Vorführung den Saal verließ, weil das Verlangen nach einer Zigarette zu groß wurde. „Keine Sorge, ich bin unbewaffnet und komme in Frieden“, erwiderte Adam lachend und hob die Hände, um seine Unschuld zu beweisen. Das hier war kein Moment, den er mit der ganzen Welt teilen wollte. Stattdessen nahm er sich lieber eine Zigarette aus der Schachtel, platzierte sie zwischen seinen Lippen und beugte sich zu Niall, der bereits das Feuerzeug gezückt hatte, um sie anzuzünden. Dann nahm er einen tiefen Zug. Adam rauchte nicht regelmäßig. Die meiste Zeit eigentlich gar nicht, am ehesten noch, wenn er viel getrunken hatte oder wahnsinnig viel Stress hatte. Nichts davon war gerade der Fall, aber in seinen Augen brauchte es gar nicht immer einen Grund dafür. „War das Verlangen hier nach“, er hielt die Zigarette in seiner Hand demonstrativ in die Höhe, „etwa zu groß oder bist du einer von denen, die sich selbst nicht schauspielern sehen wollen?“ Mit einem leichten Grinsen auf den Lippen sah er Niall an. Das waren jedenfalls die zwei Hauptgründe, warum die Stars frühzeitig den Saal verließen. Er hatte das schon zig Male beobachtet. Nur gefolgt war er bislang niemanden. „Rot steht dir übrigens verdammt gut.“ Wollte er mit Niall flirten? Vielleicht, ein wenig. Dabei wusste er nicht mal, ob er damit Erfolg hätte. Falls nicht fasste er es womöglich nur als nettes Kompliment auf, das wäre auch okay.